Assoziationsübung! Sigmar Gabriel. Was fällt Ihnen ein? SPD-Parteichef, überzeugter Sozialist, der, der im Koalitionsvertrag für die kleinen Leute eintritt, kleiner dicklicher Mann, der seine Prinzipien hat?
Nun kommt wohl noch das Wort “Slomka” dazu. Mit dieser hat er sich im ZDF über das bevorstehende Mitgliedervotum gezankt. Aber wie! Schon auf die erste Frage der Moderatorin reagierte Gabriel schlagfertig. Und das ist nur der Auftakt zum aufsehenerregendsten Interview seit Seehofers “das-können-sie-so-senden”. Slomka kommt auf die mögliche Verfassungswidrigkeit des SPD-Mitgliederentscheids zu sprechen. Gabriel hält dies für “Quatsch”. Zuletzt wirft er ihr sogar vor Sozialdemokraten zu benachteiligen.
Ist Gabriel nun dünnhäutig, arrogant oder unfähig zur Kommunikation?
So die eine Sicht der Dinge. Die aber ist falsch.
Wieso? Ganz einfach. Dass der SPD-Chef eine lose Zunge hat und austeilen kann, ist allgemein bekannt. Dass das Interview gereizt verlief, lag nicht an ihm. Zu Anfang war er belustigt, nicht patzig. Vielmehr reagierte Slomka dünnhäutig.
In der Sache hatte Gabriel recht, Slomka/die Kritiker des Mitgliedervotums unrecht. Inwiefern es verfassungswidrig sein soll, seiner Basis demokratisch einzubinden, erschließt sich nicht jedem. Wieso Slomka darauf rumhacken, das Interview vollkommen unnötig in die Länge ziehen musste? Keine Ahnung. Auch die Rahmenbedingungen ließ sie außer Acht. Mit den eigenen Mitgliedern im Hintergrund, wie wird ein Parteichef da wohl auftreten? Man wird wohl nie erfahren, was Slomka geritten hat, aber ihr Verhalten kann durchaus als unprofessionell bezeichnet werden. Auch ihre Sprache und Tonlage war alles andere als deeskalierend.
Gabriel hätte den Vorwurf, Sozialdemokraten zu benachteiligen, besser vermieden. Das war unsouverän.
Doch feststeht, dass das Interview uns gut getan hat. Der langweilige Muff der Großen Koalition zieht schon herauf, doch jetzt kommt mal ein Hauch von Leben und Kontroverse hinzu. So bringt man die Politik den Menschen nah. Wie viele Bürger haben sich wohl erst durch dieses Interview mit der Frage der Verfassungswidrigkeit des SPD-Mitgliederentscheids beschäftigt? Diese “verstärkte Höflichkeit”, wie es Gabriel nennt, schadet dem Land und dem öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht, sondern ist eine Wohltat für die politische Meinungsbildung.
Wer denn nun wirklich recht hatte, wer die bessere Performance ablieferte, dazu kann sich hier jeder, der es noch nicht gesehen hat, eine Meinung bilden…