Themenreihe Europawahl: Interview Axel Voss #1

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Axel Voss ist bereits seit der letzten Europawahl 2009 Abgeordneter und stellt sich zur Wiederwahl. Der Jurist ist Mit­glied im Aus­schuss für bür­ger­li­che Frei­hei­ten, Jus­tiz und Inne­res. Ein Schwerpunkt liegt dabei auch auf dem Bereich Datenschutz, der im Zuge der NSA-Affäre eine neue Brisanz erhalten hat. Seit 15 Jahren lebt er mit seiner Familie in Bonn. Neben seiner Abgeordnetentätigkeit ist er Bezirks­vor­sit­zen­der der CDU Mit­tel­rhein. Nähere Infos hier.
politicsgermany hat mit ihm zum Thema Europa gesprochen.

Was hab ich denn als Bürger von Europa?

Es bietet Ihnen Frieden, Wohlstand, Naturschutz, kleinere Roaming-Gebühren, Austausch, Arbeitsplätze, Freizügigkeit, Binnenmarkt, von dem wir profitieren. Datenschutz. Verbraucherschutz. Alles, was Sie sich denken können, damit hat Europa zu tun.

Wenn die Vorteile, wie beschrieben, so groß sind, wieso ist die Zahl der Europakritiker dann so groß? Gerade im Ausland.

Das frage ich mich auch. Viele kritisieren in Anbetracht der Krise die Struktur der EU und die Währungsunion. Auch wird kritisiert, dass wir uns um zu viele Kleinigkeiten kümmern. Andere sind generell dagegen. Ich finde dies nicht gerechtfertigt, da die EU, ihr Versprechen von Frieden und Wohlstand erfüllt hat. Auch die modernen Herausforderungen der Globalisierung wie Energie, Migration, Klimaschutz etc. kann kein Nationalstaat alleine regeln. Warum man diesen Erfolgsweg in Frage stellt, kann ich nicht nachvollziehen.

Was tut man, um dem zu begegnen? Die sogenannte „Regulierungswut“ einschränken?

Was wir machen müssen, ist die Strukturen effektiver gestalten. Nicht jeder Kommissar muss seine Fußstapfen in der Gesetzgebung hinterlassen. Wir müssen uns auf das Wesentliche konzentrieren. Ich fand es in Hochzeiten der Krise falsch so zu tun, als würden wir weitermachen wie bisher. Da hätten wir mehr umschwenken müssen.

Auf Ihrem Wahlplakat steht, Sie wollen Europa eine Richtung geben. Welche soll das sein?

Das soll bedeuten, dass wir weg kommen müssen vom „klein-klein“; die Konzentration auf das Wesentliche und die grenzüberschreitenden Fragen in den Vordergrund rücken. Beispiel Energiesicherheit. Darüber hinaus sind es andere wesentliche Dinge wie die Finanz-, Verschuldungs- oder Ukrainekrise. Auch ein europäisches Militär wäre eine sinnvolle Idee. Strukturen und Inhaltliches auf das Wesentliche konzentrieren.

Vereinigte Staaten von Europa? Was halten Sie davon?

Grundsätzlich eine gute Idee. Nur die bisherige Entwicklung hat gezeigt, dass es nur „kleinschrittig“ geht. Uns heute Gedanken darüber zu machen, wie die EU einmal aussehen soll, könnte dazu führen, dass wir einige Mitgliedsstaaten verlieren. Daher finde ich, sollten wir uns einzelne Projekte vornehmen, um die Integration voranzutreiben. Die unterschiedlichen Vorstellungen – föderalistische, zentralistische, oder die einer EU, die auf den Binnenmarkt beschränkt ist – lassen sich nicht dadurch lösen, dass wir eine Diskussion darüber anfangen. Europa muss sich daher Projekte suchen, um die eigene Entwicklung weiter voranzutreiben.

Es wird oft die Forderung laut, die EU müsse sich umstrukturieren. Wie lange wird dieser Prozess dauern?

Wir haben Anfang des Millenniums die ganze Entwicklung um den Europäischen Verfassungsvertrag gehabt. Aufgrund des „Neins“ einiger Staaten konnten wir diesen nicht umsetzen. Das führte dann zum Vertrag von Lissabon. Auch da gab es wieder Verzögerungen. Mit der letzten Vertragsänderung haben wir gut zehn Jahre gebraucht, denn letztlich müssen alle Mitgliedsstaaten zustimmen. Diese Zeitdimensionen sind extrem und kaum vorhersehbar. Ich halte es für dringend notwendig, eine Vertragsveränderung in die Wege zu leiten. Die Probleme der Globalisierung deren Dynamik erfordern eine schnellere Anpassung. Auf der anderen Seite gibt es Entwicklungen zurück zum Nationalen. Das ist schlecht für Europa. Denn zukunftsorientiert wäre eine bessere Integration innerhalb Europas.

Sie sagen es ja. Heute müssen alle Mitgliedsstaaten zustimmen. Langfristig ist es da doch besser, wenn das Europaparlament gestärkt wird. Das könnte den Prozess doch beschleunigen?

Das Parlament muss bei der nächsten Vertragsveränderung mehr Kompetenzen erhalten. Gerade durch das Initiativrecht wird es mehr Einfluss auf die Gesetzgebung haben. Im Moment sind wir von der Kommission abhängig. Das Parlament institutionell zu stärken, ist deshalb der richtige Weg. Grundsätzlich müssen wir da schneller vorangehen. Wir müssen Kompetenzen flexibilisieren. Probleme tauchen immer dann auf, wenn wir gerade keine Vertragsänderung hinbekommen, es aber dringend erforderlich scheint. Stichwort Staatsverschuldungskrise: Der Rettungsschirm ist ja außerhalb des europäischen Rechtes angesiedelt. Zukünftig sollten wir solche Probleme innerhalb der europäischen Strukturen lösen.

Wer die Meinung der SPD-Kandidatin Tine Hørdum zu Europa lesen will, das Interview ist hier verlinkt.

Autor: Henri Koblischke

Hi, ich bin Henri und schon seit langem politikinteressiert. Da mir auch Schreiben Spaß macht, habe ich den Blog www.politicsgermany.com aufgebaut. Hier kommentiere ich mit anderen Interessierten die aktuellen Ereignisse in Deutschland, Europa und der Welt. Neben meiner Web- und IT-Affinität bin ich auch ganz analog als Geocacher unterwegs ;)

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