Themenreihe Mindestlohn: Interview kölnmetall #1

| Keine Kommentare

Im Folgenden stellt Philipp Rademann die Postion des Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie Köln (kurz: kölnmetall) zum Mindestlohn dar.

Wie ist Ihre Position zum Mindestlohn?

Das Grundsystem in der Bundesrepublik Deutschland ist die Tarifautonomie. Das freie Spiel der Kräfte vereinbart ein auskömmliches, faires Lohnniveau für die jeweilige Branche. Wir sehen überhaupt gar keine Veranlassung, dass der Staat die Tarifautonomie durch den Mindestlohn gefährdet.

Außerdem bringt der Mindestlohn den Menschen nicht wirklich was, denn nur 38 % des Haushaltseinkommens in den Familien, wo einer der beiden Partner noch keine 8,50 € verdient, wird durch den Geringverdiener erwirtschaftet.

Auch die hohe Zahl der Aufstocker ist falsch- Weniger als die Hälfte der Aufstocker erhält das Geld, weil das Lohnniveau so gering ist. Viele Hartz IV-Empfänger werden als Aufstocker geführt, weil sie nämlich in einem ganz geringen Umfang nur arbeiten.

Der Mindestlohn von 8,50 € gefährdet Jobs. Wie viele das sind, steht auf einem anderen Blatt, aber es gibt einfach Menschen und Tätigkeiten, die keine hohe Produktivität haben. Arbeitsplätze werden vernichtet, sie verlagern sich in die Schwarzarbeit oder es fände eine Umwandlung in Werksvertragsarbeit statt, was die Gewerkschaften ja auch nicht wollen.

Die Tarifverträge sind ja nicht vom Himmel gefallen. Es gab Ende letzten Jahres 41 Tarifverträge zwischen Arbeitgebern und DGB-Gewerkschaften, die teilweise untere Tariflöhne von weniger als 8,50 € in der Stunde vorgesehen haben. Es gibt Tarifpartner die akzeptiert haben, dass offensichtlich ein Mindestlohn von 8,50 € in ihrer Branche nicht zu erwirtschaften wäre.

Wenn es so ist, wieso wird überhaupt ein Mindestlohn eingeführt. Wieso wollen SPD, Grüne und Linke den Mindestlohn überhaupt einführen?

Ich glaube, man versprach eine starke Mobilisierung im Bundestagswahlkampf. Des Weiteren stellt er ein Eingeständnis des Scheiterns in der Tarifpolitik dar. Wenn die Gewerkschaften sagen, wir haben überhaupt gar nicht die soziale Macht um Tarifverträge abzuschließen, die das einfordern was unsere Arbeitnehmer eigentlich brauchen.

Unsere Sorge ist: einmal ein Mindestlohn eingeführt, ist es ja eine Stilvorlage bei der nächsten Bundestagswahl zu versprechen, ihn auf 8,50 €, 9,50 € oder 10 € zu erhöhen. Das hat nichts mehr mit der Produktivitätsentwicklung in der Branche zu tun, was dazu führt, dass Arbeitsplätze vernichtet werden. Damit ist den Geringqualifizierten, die den Einstieg in den Arbeitsmarkt suchen, ja gar nicht geholfen.

Was glauben Sie, leben wir in einer gerechten oder ungerechten Gesellschaft?

Ich glaube, wenn Sie ganz viele Bundesbürger fragen, dann würden die sagen, wir leben in einer ungerechten Gesellschaft, weil sich bestimmte Lohnkurven voneinander abgekoppelt haben. Das ändert aber nichts daran, dass unser deutscher Sozialstaat nach wie vor Spitzenstandards erfüllt, denken Sie gerade an die Diskussion „Rente mit 63“ oder „Mütterrente“, das alles sind zusätzliche Milliardenlasten, auf Kosten der Jungen das ist ungerecht.

Die Diskussion würde ich ganz anders ziehen. Es gibt Menschen, die weniger Einkommen im Alter haben, aber dafür haben sie die Grundsicherung, niemand steht bei uns auf der Straße, und wir haben Hartz IV, was de facto ja auch so etwas wie ein Mindestlohn ist und die Grundsicherung. Ungerecht finde ich die Verteilung zwischen den Generationen. Da würde ich manchmal wünschen, dass die jüngere Generation stärker ihre eigenen Interessen in den Vordergrund schiebt.

Soll Hartz IV die Grundsicherung sein? Hat der Staat die Aufgabe, die Grundsicherung zu übernehmen oder sind die Unternehmen in der Verantwortung?

Ich würde das gar nicht gegeneinander ausspielen. Denken Sie daran, dass viele Menschen, die die Grundsicherung beziehen, vielleicht gar keinen Job haben. Diese Menschen werden auch über den Staat abgesichert. Die Arbeitgeber zahlen ja Steuern, die letztlich auch für die Grundsicherung verwendet werden. Deswegen denke ich, werden auch die Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung in Deutschland gerecht.

Hier der zweite Teil.

Autor: Henri Koblischke

Hi, ich bin Henri und schon seit langem politikinteressiert. Da mir auch Schreiben Spaß macht, habe ich den Blog www.politicsgermany.com aufgebaut. Hier kommentiere ich mit anderen Interessierten die aktuellen Ereignisse in Deutschland, Europa und der Welt. Neben meiner Web- und IT-Affinität bin ich auch ganz analog als Geocacher unterwegs ;)

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.