17. Juli 2014
von Henri Koblischke
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Die UNO – Teil 1: Was schief läuft

Wie ereignisreich ist doch das Weltgeschehen. Seit Jahren schon Bürgerkrieg in Syrien, noch länger der Atomstreit mit dem Iran, erst seit kurzem die Ukraine-Krise, auch ein Oldie wie der Nahostkonflikt ist immer noch höchst aktuell.

Was auffällt: a) alles ungelöst, b) im Ringen um eine Lösung stehen momentan nur einzelne Nationen, Bündnisse oder Staatenbünde im Fokus. Dabei geht dies alles doch die gesamte Welt an. Der “Arm” der Welt — und nichts weniger ist die UNO — bleibt jedoch blass, ziemlich blass, bis hin zu blutleer. Das Paradoxon, das die Absurdität der normalen Situation symbolisiert: Die “Vereinten Nationen” sind so gar nicht vereint, sondern vielmehr gespalten — und insbesondere handlungsunfähig. Nicht zuletzt dank der Globalisierung ist die Welt stark vernetzt, jede Krise und jeder Boom in einem Staat hat Auswirkungen auf andere Staaten. Da lobt man sich doch eine starke UNO, die das große Ganze im Auge behält und für Stabilität und Frieden sorgt: ja, das war ein Witz). Daher ein Zweiteiler. Was sind die aktuellen Probleme der UNO, die es schwierig bis unmöglich machen die aktuellen Konflikte zu lösen. Daraufhin folgend: Wie soll denn bitteschön die UNO von morgen aussehen?

Zwei Punkte sind wesentlich für die Schwäche der UNO: Der Posten des Generalsekretärs und der Weltsicherheitsrat.

“Auf politisch” heißt es, Inhalte seien wichtiger als Personen, also beginnen wir mit einer Person, die sich beileibe nicht in den Vordergrund drängt. Der südkoreanische Generalsekretär Ban Ki Moon hat keinen einfachen Job. Wer es pathetisch will, der könnte sagen: “die Last der gesamten Welt ruht auf seinen Schultern”. Hinzu kommt die Machtlosigkeit des Amtes an sich. Das Amt hat seinen Namen nicht verdient: Sekretär. Denn mehr als verwalten ist nicht vorgesehen. Solch einen Nachteil lässt sich nur durch eine außergewöhnlich geschickt taktierende oder charismatische Persönlichkeit kompensieren. Ban bleibt blass. Die Autorität eines Mannes, der etwa Israelis und Palästinenser freundlich bittet, mit dem Blutvergießen endlich aufzuhören, dessen Bitte ungehört und ohne signifikante Folgen verhallt, hält sich stark in Grenzen. Auch rhetorisch glänzt Ban Ki Moon durch Abwesenheit.
Personell und institutionell ist das Amt des Genrealsekretärs nicht das, was es sein könnte und sein sollte.

Die Idee ist ja ganz nett. Ein Rat der Nationen wacht über den Weltfrieden und sanktioniert Verstöße dagegen. Sanktioniert Verstöße? Nein, es gibt eine kleine Gruppe an Ländern, die das Vetorecht hat. Passt ihnen etwas nicht, wird das Vorhaben blockiert und der Weltfrieden muss sich egoistischen Einzelinteressen unterordnen. Eine Oligarchie kann die ganze Welt in Geiselhaft nehmen und so das hehre Ziel gezielt aushebeln. Syrien ist nur ein trauriges Beispiel dafür. Deshalb ist die UNO handlungsunfähig und die Lösung der Konflikte wird auf niedrigere Ebenen abgewälzt.
Die Situation wäre weniger unerträglich, wenn dieses Vetorecht wenigstens zwischen den Mitgliedern rotieren würde, anstatt die Verhältnisse von 1945 zu zementieren. Die jetzige Situation ist undemokratisch, unausgewogen und von Blockaden geprägt. Die Besetzung des Sicherheitsrates symbolisiert nicht den Geist der UNO:

  • Die USA als notorischer Völkerrechtsbrecher und chronische Kriegsnation
  • Russland als noch notorischerer Völker- und Menschenrechtsbrecher mit Politikverständnis des kalten Krieges
  • China, die Wiege der Demokratie und des Rechtsstaates. Immerhin führen sie (noch) keine Kriege
  • Großbritannien und Frankreich sind mit sympathiefördender kolonialer Vergangenheit ausgestattet. Sie können sich glücklich schätzen, dass ihr Vetorecht im Sicherheitsrat so ziemlich das einzige Überbleibsel ihrer Macht ist

Fazit: Die drei Supermächte China, Russland und USA neutralisieren Vorstöße, die ihnen nicht passen. Zudem ist ihre Weste mehr schwarz als weiß. Frankreich und Großbritannien sind in ihrer jetzigen Position grandios überbewertet. Die jetzige Weltordnung spiegelt das nicht wider: Eher noch hätten Indien, Brasilien oder Deutschland eine Berechtigung.
Das einzig sinnvolle ist, das Vetorecht abzuschaffen, am besten auch die feste Mitgliedschaft. Das wäre fairer — und der Welt ein großer Dienst erwiesen.

Ob Naher Osten, Syrien oder Ukraine. Es besteht die Möglichkeit, dass eine UNO mit einem intakten Sicherheitsrat und einem machtvolleren Generalsekretär durchaus Chancen zur Lösung dieser Konflikte hätte. Oder wie der Steinbrück sagt: Hätte, Hätte, Fahrradkette.

14. Juli 2014
von Henri Koblischke
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Zieht die Samthandschuhe aus!

Immer wieder dasselbe Muster. Alle paar Jahre gibt es einen genügenden Anlass, um verstärkt Raketen in die eine Richtung fliegen zu lassen. Die kommen wie ein Bumerang von der anderen Seite zurück. Dann eine Phase der Eskalation, es droht ein neuer Krieg, Mobilmachung, eventuell Einsatz von Bodentruppen. Schlussendlich ist der Spuk nach einiger Zeit, und vielen Toten vorbei — vorläufig. Denn dieser sinnfreie, nie endende Kreislauf wiederholt sich dank des Verzichts auf langfristiges Denken.

Zu einer Lösung scheinen die in die Eskalation verhafteten Parteien derzeit nicht imstande; die Hamas zeigt nicht gerade Willen zur Verständigung, denn Entführung und Raketen werden als Affront angesehen. Aber auch die israelische Regierung ist in Kooperation mit der Siedlerlobby dabei, unwiderrufliche Tatsachen zu schaffen — Stichwort Siedlungsbau. Taucht kein nahöstlicher Ghandi auf, kommt also keine Lösung von “Innen”, dann muss sie von “Außen” kommen.

Zuletzt wurde ja mehr deutsches außenpolitisches Engagement gefordert. Was ist eine bessere Gelegenheit als sich am Nahost-Konflikt zu versuchen? Daran sind schon viele Generationen namhafter Politiker gescheitert. Doch in eine bestimmte Richtung ist noch kein Versuch unternommen worden. Es ist an der Zeit zu sagen: Jetzt reicht es! Wenn beide Seiten nicht in der Lage sind in einer friedlichen Koexistenz zu leben, dann muss die internationale Gemeinschaft nachhelfen.

Der israelische Ministerpräsident Netanjahu forderte jüngst die “Samthandschuhe” auszuziehen. Für die internationale Gemeinschaft gilt dies nicht im Kampf gegen die Hamas, sondern für den Umgang mit beiden Parteien.

Den Palästinensern, oder besser gesagt der Hamas, lässt sich ebenfalls bei kommen: kein anerkannter UNO-Staat ohne eine “richtige” Zwei-Staaten-Lösung.

In Bezug auf den Staat Israel muss der Kuschelkurs des Westens endlich aufhören, auch wenn wir uns schwer tun, uns mit diesem Gedanken anzufreunden. Manchmal muss ein guter Freund widersprechen und den uneinsichtigen Freund zur Einsicht bewegen. Es ist nur schwer vorstellbar, dass die israelische Regierung ohne die Unterstützung aus dem Ausland weiterhin den harten Kurs durchzieht. Dafür ist Israel politisch wie wirtschaftlich zu abhängig. So können beide Seiten wieder an den Verhandlungstisch gebracht werden.
Die Bevölkerung im Gazastreifen wird es uns danken.
Apropos Gazastreifen. Wie lässt sich die Hamas zähmen? Schon jetzt sind sie isoliert, bei weiterem Beschuss muss die internationale Gemeinschaft dafür sorgen, dass es so bleibt. Des Weiteren ist es an eben jener internationalen Gemeinschaft, der palästinensischen Regierung klar zu machen, dass es keine Lösung gegen Israel gibt. Die hängt insbesondere von den Siedlungen ab. Hier werden beide Seiten leiden müssen, dadurch soll sich ein guter Kompromiss bekanntlich auszeichnen.

Die EU ist schon in die richtige Richtung gegangen. Fördergelder dürfen nun nicht mehr in die besetzten Gebiete fließen. Die Devise “Druck aufbauen” scheint die einzige Sprache zu sein, die derzeit im heiligen Land verstanden werden kann. Ein neuer Ansatz den gordischen Knoten zu zerschlagen: die Samthandschuhe ausziehen.