20. Mai 2014
von Henri Koblischke
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Themenreihe Europawahl: Interview Tine Hørdum #1

Tine Hørdum möchte am 25. Mai für die SPD ins Europaparlament gewählt werden. Sie ist zweisprachig aufgewachsen und spricht fast jede europäische Sprache. In der SPD engagiert sie sich seit sechs Jahren für europapolitische Themen und ist seit 2009 Mitglied im Vorstand der Kölner SPD, seit 2012 Mitglied im Landesvorstand der NRW SPD. Nähere Informationen hier. politicsgermany.com hat mit ihr zum Thema Europa gesprochen:

Bekommt das Thema Europa zu wenig Aufmerksamkeit?

Europa hat momentan durchaus mehr Aufmerksamkeit in den Medien verdient. In der Bevölkerung habe ich den Eindruck allerdings nicht. Vor fünf Jahren habe ich schon einmal Europawahlkampf gemacht — da war das Interesse der Bevölkerung deutlich geringer als jetzt.

Wie wünschen Sie sich die Zukunft: „Vereinigte Staaten von Europa“ oder „Europa der Vaterländer“?

Definitiv die „Vereinigten Staaten von Europa“. Aber die Frage ist ja immer: Was versteht man darunter? Die Formulierung ist deshalb ein wenig unglücklich, weil sie an die Vereinigten Staaten von Amerika erinnert. Das ist aber eigentlich nicht gemeint. Es geht tatsächlich um eine föderale Struktur in der EU: Die Dinge, die vor Ort geregelt werden können, sollen auch vor Ort geregelt werden. Trotzdem muss man auf europäischer Ebene zusammenhalten und dort die Entscheidungen treffen, die europäisch getroffen werden müssen.

Und die föderale Struktur ist definitiv richtig für Europa, oder gibt es da noch andere Modelle, die Sie befürworten?

Eine komplette Vereinheitlichung halte ich für unrealistisch und auch nicht unbedingt zielführend. Dafür sind die kulturellen und historischen Ursprünge einfach zu verschieden. Und wir haben nun mal auch unterschiedliche Sprachen, das kann man nicht ignorieren. Auf der anderen Seite aber halte ich die Flucht in den Nationalstaat nicht für förderlich, weil wir in dieser globalisierten Welt eben auch mit Dingen konfrontiert werden, die man besser auf europäischer Ebene regelt. Das betrifft zum Beispiel den Frieden, was man zurzeit an der Ukraine sieht. Menschen wollen in Frieden miteinander leben, deshalb muss man sich auch über Grenzen hinweg die Hand reichen. Aber auch andere Herausforderungen sind nur europäisch lösbar: Umweltprobleme etwa, oder die Digitalisierung unserer Lebenswelt. Das macht an den Grenzen nicht halt, genauso wenig wie der Finanzhandel. Wenn man hier handlungsfähig sein möchte, dann ist die europäische Zusammenarbeit sinnvoll. Insofern ist weder der einzelne Nationalstaat noch die komplette Vereinheitlichung das Ziel, sondern eben eine föderale Struktur.

Wie begegnet man am besten der massiven Kritik der Europa-Gegner?

Zusammenarbeit ist sinnvoll – gerade in Europa, und auch für jeden Einzelnen. Wir brauchen Regeln für den Datenschutz zum Beispiel, für den Finanzhandel und natürlich auch um den sozialen Schutz in Zeiten der Globalisierung zu gewährleisten. Und wenn wir zusammenarbeiten, kann Europa in der Welt auch mit einer Stimme sprechen.

Ein starkes Europa hat doch viel Macht. Wieso zeigen wir das nicht? Wird die EU auf der Weltbühne überhaupt ernst genommen?

Die gemeinsame Stimme der EU ist wichtig, weil wir so viel mehr erreichen können. Wenn man zusammen und einheitlich auftritt, dann ist das machtvoller als wenn einzelne Länder vielleicht sogar im Widerspruch zueinander auftreten. Wir könnten sicherlich mehr erreichen, wenn wir europäisch besser zusammenarbeiten würden. Leider sperren sich die nationalen Regierungen noch dagegen.

Was verstehen Sie unter einer besseren Zusammenarbeit? Welche Maßnahmen würden Sie sich wünschen?

Zunächst einmal ein abgestimmtes Vorgehen in politischen Fragen. Das ist auch heute schon möglich, es hängt allerdings vom politischen Willen der einzelnen Regierungen ab. Noch sinnvoller wäre aber zum Beispiel eine Stärkung des/der europäischen Außenministers/in Das würde der europäischen Außenpolitik ein Gesicht geben. So würde unsere Stimme besser gehört. Momentan ist die Stimme aber einfach zu schwach. Die Wirtschaftspolitik zum Beispiel ist vergemeinschaftet. Aber in der Außenpolitik ist es immer noch so, dass die einzelnen Regierungen das letzte Wort haben und davon auch Gebrauch machen. Insofern wäre das mein Wunsch: Im Zuge der Demokratisierung der Europäischen Union, sollte auch die Außenpolitik europäischer werden.

Wie sollte Europa sich gegenüber den USA verhalten? Was ist mit dem Thema Datenschutz? Sollte man gar Edward Snowden Asyl gewähren?

Im europäischen Parlament hätte ich mich für ein Asyl für Edward Snowden ausgesprochen. Ein anderer Punkt wäre es, beim Freihandelsabkommen mit den USA das Thema Datenschutz auf die Agenda zu setzen. Sodass auch klar ist: Europäische Standards müssen eingehalten werden. Ich würde mir da mehr Nachdruck wünschen.

Hier die Fortsetzung. Wer die Meinung des CDU-Kandidaten Axel Voss zu Europa lesen will, das Interview ist hier verlinkt.

19. Mai 2014
von bgb
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Über die Wahlplakate der Europawahl

Bald ist es endlich wieder so weit. Am 25.5. sind Wahlen. Au ja, da freuen wir uns drauf. Die Karten werden neu gemischt, das Europaparlament wird wieder gewählt. Lustigerweise kämpfen am besagten Datum 25 Parteien um einen erneuten Einzug ins Parlament. Und was darf bei so einem Wahlkampf natürlich nicht fehlen? Exakt: ein erbitterter Fight um die Stimmen der Wähler! Leider sind die Parteien immer noch der Meinung, die Stimmen der Bürger durch Plakate zu erschnorren.

Wie schon im letzten Jahr betrachten wir von politicsgermany die Wahlplakate etwas genauer. Oft sind auf deutschen Straßen alle drei Meter fünf Wahlplakate aufgehängt. Als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, findet man meist bloß inhaltslose Slogans. “Der Wähler braucht ja nicht zu wissen was wir vorhaben, soll lediglich mit schönen, nichtssagenden Worten eingelullt werden”. Leider wohl das einzige, was sich so manche Partei bei ihren Plakaten gedacht hat.

Ein Beispiel dafür ist unsere geliebte CDU. Die Kreativität ihrer Wahlplakate ist nicht zu übersehen. Ein Bild von “Mutti” und der wunderbare Satz: “Gemeinsam erfolgreich in Europa”. Wenn Sie sich jetzt fragen, was daran so kreativ ist, dann müssen Sie dieses Plakat mit dem der Bundestagswahlen vergleichen. Damals gab es ein Foto von Merkel mit dem Satz: “Gemeinsam stark”. Bemerkenswert, es wurde von den Verantwortlichen tatsächlich geschafft, drei Wörter zu ergänzen. Dafür schon einmal ein dickes Lob. Das wirklich Traurige ist allerdings, dass die Partei damit Erfolg hat. In der letzten Woche lagen sie bei beachtlichen 38 Prozent. Inhalte scheinen kaum noch von Belang zu sein, die Politik der Person ist anscheinend die Zukunft der Demokratie. Noch schlimmer ist die Wählertäuschung, denn Merkel tritt — Stand heute — nicht bei der Europawahl an.

Ein bisschen mehr Mühe in Sachen Inhalt hat sich der Koalitionspartner gemacht. Auf den Plakaten der SPD finden sich immerhin Wörter wie “Demokratie”, “Arbeitslosigkeit”, oder “Geld”. Alles Dinge, die man mit Inhalten assoziieren kann. Zwar ist das Gesamtbild der Plakate auch nicht wirklich abwechslungsreich, aber immerhin ein Fortschritt gegenüber der Union. Es gibt mehr als nur ein Plakat. “Ein Europa der Menschen, nicht des Geldes”, oder “Ein Europa des Miteinanders, nicht des Gegeneinanders “. Man erkennt immerhin oberflächlich, um was es den Sozialdemokraten geht: Um Chancengleichheit und Soziales. Das sind zumindest Ansätze, die für etwas stehen. Die Sozen schaffen es sogar, auf ihren Plakaten Parallelismen zu verwenden. Nicht schlecht. Positiv ist zu vermerken, dass diese Partei es schafft, nicht mit ihrem Parteivorsitzenden zu werben. Obwohl, das wäre auch eine Zumutung gegenüber dem Wähler, wenn er unterwegs ist und ständig den Gabriel sehen muss. Danke, dass mal jemand an den Wähler denkt. Aber zugegeben, der Burner sind die SPD-Plakate nicht.

Doch mehr Inhalte als die SPD bringt nur die Linke aufs Plakat. Klipp und klar wird gesagt, wofür man steht. Das ist doch mal Politik. Klare Ansagen und nicht dieses Hin und Her, Inhalte ja oder nein, wie bei so manch anderer Partei (CDU). “Frieden sichern, Millionäre besteuern, Altersarmut verhindern, Beschäftigungen schaffen, Demokratie stärken.” Was für ein Satz, der nur so von Überzeugung und Liebe zu Europa strotzt. Respekt, mit einem linken Haken werden Union und SPD in Sachen Inhalten niedergeschlagen.

Kommen wir nun weg von Inhalten und widmen uns den “interessanten” Plakaten. Die Piraten sind ein Beispiel dafür. Auf einem Plakat äußert man sich gegen die Überwachung durch die NSA: “Ich Hase Überwachung”. Sollten Sie sich fragen, ob es sich dabei um einen Rechtschreibfehler beim Zitieren halten, dann muss leider gesagt werden , dass dem nicht so ist. Die meinen das tatsächlich ernst. Da hat wohl tatsächlich jemand die Rechtschreibung der Piraten erbeutet. Oder man richtet sich so an sein Publikum. Junge Leute, die nicht in der Lage dazu sind korrekt zu schreiben.

Die AfD zeigt sich auch im Moment wieder, wie wir sie kennen. Direkt und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Mit “Mut zur Wahrheit” hetzt man gegen den Euro und Asylanten. Etwas anderes war auch nicht zu erwarten. So langsam braucht man den Vergleich mit der NPD nicht mehr zu vermeiden. Oder sehen Sie einen Unterschied zwischen “Die Schweiz ist für Volksentscheide. Wir auch!” (AfD) und “Vorbild Schweiz. Masseneinwanderung stoppen. Volksabstimmung jetzt!” (NPD)?

Zu guter Letzt noch die FDP. Das ist die Partei, die bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr so abgestürzt ist, und deren größter Traum es ist, mehr als die AfD zu holen (wichtig für die Psychologie). Mittlerweile wird für Stimmen gebettelt, wie auf den Straßen in Rio um Geld. “Geben Sie uns wenigstens für Europa ihre Stimme. Bewirken können wir eh nichts.” Das ist gelebter Wahlkampf. Oder einfach nur absolute Verzweiflung.

Als Fazit für die diesjährigen Plakate lässt sich festhalten: Sie haben sich stets bemüht. Darüber hinaus ging nichts. Wer dann am Ende die Nase vorne hat, sehen wir am 25.5., wenn die Wahllokale geschlossen werden und die Plakate- Wochen später – endlich abgehängt werden. Bis dahin werden wir sie wohl oder übel noch ertragen müssen.